Zählendes Rechnen

Lernen Lernerfolg

Zählendes Rechnen

Mit entsprechender Übung werden die Zählleistungen eines Kindes flexibler. So kann etwa die Zahlenreihe von verschiedenen beliebigen Ausgangspunkten fortgesetzt werden und die Zahlenreihe auch rückwärts aufgesagt werden. Über das häufige Abzählen von Mengen wird resultatives Zählen erworben. Die Zahlenreihe, die aufgesagt wird, verknüpft sich hier mit der Anzahl einer Menge, die am letzten  gesprochenen  Wort  dieser Reihe abgelesen wird. Das Kind, das auf die Aufforderung 7 Finger zu zeigen, zuerst die eine Hand ganz zeigt und dann mit „6 und 7“ 2 Finger der anderen Hand, macht diese Verknüpfung auch.3 Die innere Vorstellung beim Zählen besteht zunächst  aus einer Abfolge von Wörtern („nach 39 kommt 40“), deren stabile Abfolge dann als lineare Ausbreitung – als mentaler Zahlenstrahl – repräsentiert wird. Das Aufsagen der Zahlenreihe bedeutet noch nicht, dass den Kindern bewusst ist, dass die Reihe immer um 1 steigt. Vielmehr zeigen zahlreiche Studien (Überblick bei Landerl & Kaufmann, 2013), dass die Zahlen am mentalen Zahlenstrahl logarithmisch komprimiert sind, was bedeutet, dass die Abstände zwischen den Zahlen als größer empfunden werden, je kleiner diese Zahlen sind. So erscheint der Abstand zwischen 3 und 8 größer zu sein als der Abstand zwischen 203 und 208).

3 Wittmann spricht in diesem Zusammenhang vom „rechenden Zählen“, das Strukturen – wie eben hier die ganze Hand des Kindes – nützt, um sich das Zählen zu erleichtern und in weiterer Folge zu ersparen. Er sieht die Bewusstmachung dieser Vorgänge als wichtigsten Schritt zu nicht zählenden Rechenstrategien.

Die Positionen der einzelnen Zahlen und deren Verhältnis zueinander differenzieren diesen Zahlenstrahl immer mehr und machen ihn als lineares inneres Modell abstrakt anwendbar.

Logische Folgen in der Zahlenreihe (z. B.: 1-3-4-6-7-9-10 …) und Zählen in Schritten größer als 1 (2er, 5er und 10er Schritte) stärken die Orientierung und machen Abkürzungen möglich. Auf dem mentalen Zahlenstrahl sind sie als Sprünge vorstellbar. (Das ist schon ein wichtiger Vorgriff auf die Multiplikation.) Kopfrechnungen können am Zahlenstrich verdeutlicht werden. So wird kommunizierbar, was sich im Zahlenraum beim Rechnen ereignet, was sich wiederum verstärkend auf die Fertigkeiten im Kopfrechnen auswirkt.

Mit Zählen kann man auch Rechnungen lösen, wenn man die Zahlenreihe vorwärts (+) oder rückwärts (-) abschreitet. Kinder im Kindergartenalter machen das ganz selbstverständlich, wenn sie ein Rechenproblem im Alltag lösen wollen. Wenn es jedoch über die erste Klasse hinaus dauerhaft beim zählenden Rechnen bleibt, Schulkinder also Ergebnisse nur zählend ermitteln können, wird der ordinale offenbar nicht zum kardinalen Zahlenaspekt erweitert4. Zusammenhänge und Strukturen können ordinal nicht gebildet werden und Zählvorgänge jenseits des Zahlenraums 10 werden langwierig und fehleranfällig.  Rechenstrategien,  wie  z. B.  das  sehr  oft  in  Schulen  gelehrte  und geübte „Weiterzählen“, führen bei Kindern, die nicht „von selbst“ die Verflechtung mit den kardinalen Aspekten herstellen können, zu „verfestigtem zählenden Rechnen“, einem Hauptsymptom bei Rechenschwäche.

Der innere Zahlenstrahl spielt auch in der dynamischen Auffassung der Multiplikation (als Wiederholung gleich großer Sprünge) eine Rolle. Zusammenhänge zwischen einzelnen Malreihen strukturieren den Zahlenraum weiter.

​​​​​​​Rechenschwache Kinder sind nicht zählende Rechner, weil sie besonders gut zählen können, sondern, weil sie nichts anderes können als zählen.

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